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2018/02/14

Ein Tag Frühling - MS Stubnitz Hamburg (27.01.2018)

Mit dem Zug quer durch die Republik. Zum einen um unseren Freund Dirk von Flockes Plattenkiste wiederzusehen. Zum anderen um gute Live-Musik auf dem Songwriter Festival "Ein Tag Frühling" zu erleben, insbesondere unsere Wohnzimmerband vom Frühling 2017: Liza & Kay.

Ein Festival auf einem Schiff... das klang schon sehr speziell. Die Tatsache, dass es bereits nachmittags los ging, ließ mich annehmen, dass nicht wenige Familien mit Kindern die Veranstaltung besuchen würden. Als wir nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf unseres Sohnes gegen fünf das Schiff betraten, kam die Ernüchterung. Alles andere als kindgerecht - von den Kombüse ging es sehr tief runter in den Laderaum, ein Fehltritt hätte genügt... Und somit waren es nur ein, zwei weitere Eltern von Kleinkindern, die wir wahrnahmen.

Nicht falsch verstehen: ich erwarte gar nicht, dass ein Musikfestival für Erwachsene bitteschön auch kindgerecht sein muss. Die Verantwortung liegt klar bei den Eltern. Es war einfach nur schade, weil ich eine andere Erwartungshaltung im Kopf hatte und die räumlichen Gegebenheiten uns etwas mehr als sonst in Atem hielten. Nun wissen wir es besser und ein zweites Mal würde ich dieses Festival nicht mit Kleinkind besuchen. Wenn wir schon bei der Infrastruktur sind: die Toiletten waren für mich leider keine Option - die Sauberkeit wäre okay gewesen, nur waren sie zu hoch für mich. Alternativen gab es nicht und so galt es durchzuhalten bis wir in der Nacht wieder das Hotel erreichen würden.

Angesichts dessen, dass wir uns im Vorfeld noch darüber unterhalten hatten, dass das kulinarische Angebot nicht für jeden Magen gut verträglich ist, war das mit den Toiletten aber schon ein ziemliches Manko. Letztendlich vertrugen die Männer die Chili con carne gut, mein Falafel war auch sehr lecker und mein Sohn war glücklich mit seinen Pommes. Die Preise waren in Ordnung, 2 Euro zzgl.  Pfand für ein alkoholfreies Getränk empfand ich zum Beispiel als sehr fair.

Nun aber zum Wesentlichen: der Musik. Den meisten Bands konnte ich nicht die volle Aufmerksamkeit widmen, doch das bin ich mit Kleinkind gewohnt. So rauschten die Stunden so an mir vorbei, stets mit guter Live-Musik im Ohr, aber nicht so, dass ich detailliert von den halbstündigen Auftritten jedes Künstlers berichten könnte. Vivie Ann kannte ich schon - auf dem Reeperbahnfestival 2016 hatte ich ihr Akustik-Set in der Kaffeerösterei kopiba miterlebt. Stimmlich konnte sie mich wieder voll überzeugen, vor allem die Trommel als wiederkehrendes Element in ihren Liedern begeistert mich jedes Mal.

Poems of Jameiro feilten eine gute halbe Stunde lang an ihrem Soundcheck - für einen halbstündigen Auftritt stand das für mich nicht im Verhältnis, auch wenn sich ihre Musik lohnte. Trotzdem ärgerte es mich, dass sich der Zeitplan immer weiter nach hinten verschob, am Ende sogar um eine Stunde. Zumal wir den Zeitdruck hatten, die letzte Bahn zu erwischen (was wir laut ursprünglichem Plan locker geschafft hätten) und auch nicht wussten, wie lange unser Sohn mitmachen würde.

Wen hörten wir noch? Jörn und Lerch hatte ich am Anfang eher am Rande mitbekommen, Van Deyk waren mir bis auf ihre sehr schöne akustische Zugabe zu überdröhnt. Small Fires hörten wir während wir in den Kombüsen beim Essen saßen - gefiel mir richtig gut. Valentine bleib mir mit ihrem Rap in Erinnerung, das hatte was. Vom Poetry Slam bekam ich noch halbwegs das Finale mit, die Texte konnten mich persönlich nicht ganz so überzeugen.

Gegen zehn begann dann Tim Jaacks. Seinen Namen hatte ich schon gehört, wusste dass er auch bei Liza & Kay in der Band spielt. Für mich war er die Neuentdeckung an diesem Tag. Für die Texte war ich um diese Zeit zwar nicht mehr ganz so aufnahmefähig - seine klare Stimme hat mich jedoch überzeugt.

Und dann war es endlich soweit: für mich der Höhepunkt des Abends - Liza & Kay begannen mit dem Soundcheck. Unser Sohn Paul erkannte Liza, und rief immer wieder nach ihr. Die letzten Zuckungen ehe er dann inmitten des Sets einschlief. Ich war ebenfalls müde und mit meinem Kinosessel eins geworden. Dennoch gaben Liza & Kay ihr Bestes das Publikum wach zu rütteln und mindestens ein breites Lächeln in die Gesichter zu zaubern. Bei jedem Lied interagierten sie gut gelaunt mit dem Publikum - bei "Ohrwurm" sprangen sie in die Menge. Es machte einfach Spaß ihnen zuzusehen und zuzuhören.

Anschließend lauschten wir noch ein paar Songs von Elin Bell und Rabea - letztere kannten wir bisher nur als Cellistin an der Seite von Linda Rum. An diesem Abend sang sie nun selbst und wir waren wirklich beeindruckt von ihrer starken Stimme. Ich freue mich in den nächsten Jahren noch mehr von ihr zu hören.

Als wir dann zur U-Bahn aufbrechen mussten, kam uns Kay noch entgegen, fragte wie es uns gefiel und erzählte von den Plänen in den nächsten Wochen. Liza entdeckten wir auch noch in den Kombüsen. Dirk fasste diesen Moment so schön zusammen, dass ich ihn an dieser Stelle zitieren möchte: "Als wir Samstag gegangen sind, war wie sich von Freunden verabschieden." Und wirklich: Die beiden gehören zu den herzlichsten Menschen, die ich je kennenlernen durfte - nachzulesen auch im etwas anderen Konzertbericht auf Flockes Plattenkiste.

Insgesamt ist es ein wirklich schönes Festival für Freunde von Songwriter Musik. Selten gibt es Gelegenheit so viele gute Musiker vom Nachmittag bis in die Nacht zu erleben, schon gar nicht im Winter. Wer ohne Kind teilnimmt, größer als 1,60 ist oder im Stehen pinkeln kann, wird den Charme dieser außergewöhnlichen Location bestimmt noch etwas mehr zu schätzen wissen und einen entspannten Tag unter Deck erleben.

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