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2015/09/06

Südengland | 07.-13.09.2014 (Part 4: Cornwall)


Da wir von Frome relativ gut Richtung Süden durchkamen, entschieden wir uns noch für einen Abstecher zum Tintagel Castle. Es stand nicht auf meinem Pflichtprogramm, hatte ich doch irgendwo gehört, dass es nichts besonderes sei und einfach nur von Touristen überfüllt (wie eigentlich alles). Aber die Strecke von unserer Unterkunft in Mevagissey bis Tintagel an einem anderen Tag zurückzulegen, obwohl wir schon fast dort oben waren, hätte zu viel wertvolle Zeit gekostet. So lag es mit einem kleinen Umweg von knapp 20 Meilen fast auf dem Weg. Nach zweieinhalbstündiger Autofahrt kamen wir an und was soll ich sagen: Ein Traum. Das Wetter war einfach perfekt. Blauer Himmel, die Sonne, das Meer und die alte Burgruine als Kulisse.

Tintagel
Tintagel Castle
Hätten wir nicht die Zeit im Rücken gehabt, hätten wir sicherlich noch ein paar Stunden dort verbringen können, wären noch ein wenig an der Küste entlang gewandert und hätten dieses windige Gefühl von Freiheit direkt am Wasser aufgesaugt. Aber irgendwann wollten wir dann doch an unserer Unterkunft ankommen. Vorher wagten wir aber einen erneuten Zwischenstopp: Auf Empfehlung von Freunden gaben wir Port Isaac ins Navi ein. Leider führte uns dieses an einen Parkplatz kurz vor dem eigentlichen Ortsinneren, sodass wir wenig beeindruckt an den Häusern entlang liefen und recht schnell zu unserem Auto zurückkehrten. Nur um dann doch direkt durch den Ortskern zu fahren und schief angeschaut zu werden: Autos scheinen hier selten zu sein, zum einen gibt es wohl keine wirkliche Parkmöglichkeit, zum anderen waren die Gassen so eng, dass wir die Seitenspiegel einklappen mussten. So waren wir leider viel zu gestresst davon, irgendwie durch den Ort zu kommen, und nahmen den Charme dieses winzigen alten Fischerdorfs nur flüchtig wahr.

Eine knappe Stunde später waren wir dann da: In Mevagissey. Zur Unterkunft ging es steil hinauf, zu den Parkplätzen wiederum ein Stück den Hang hinunter. Eine echte Herausforderung für unseren "Schorschi" - vor allem am nächsten Morgen im Rückwärtsgang wieder hochzukommen, aber wo ein Wille ist... Jedenfalls lohnte es sich jeden Abend auf's Neue dorthin zurückzukehren und jeden Morgen aufzustehen. Das Bacchus B&B wird von Tommy und Suzie geführt. Jeden Morgen stand Tommy in der Küche und bereitete liebevoll das Frühstück zu. Ob Rührei oder zwei (!) perfekt weich gekochte Eier. Er las einem jeden Wunsch von den Augen ab. Zudem gab er Ausflugstipps und so entstand im Frühstücksraum häufig ein anregendes Gespräch mit den Gästen aus aller Welt. Insgesamt gab es vier Zimmer, es herrschte also eine familiäre Atmosphäre beim Frühstück.

Blick von der Veranda des Bacchus B&B
Wir hatten das Zimmer direkt neben dem Frühstücksraum, was wir super fanden, da wir uns abends oft noch etwas in der Gemeinschaftsküche zubereiteten (Erkenntnis: Nudeln kann man durchaus in der Mikrowelle kochen) und unsere Getränke im Kühlschrank lagern konnten. Unser Zimmer war riesengroß, das Bad modern und sauber. Vom Frühstücksraum hatten wir einen Blick in den Hafen - auf der Veranda ließen sich so wundervolle Sonnenauf- und untergänge beobachten. Ja, ich kann das Bacchus einfach uneingeschränkt empfehlen. Klar, für unsere Tagesausflüge waren wir in der Regel mindestens eine Stunde unterwegs, aber so wäre das wahrscheinlich auch an jedem anderen Ort in Cornwall gewesen. Nachdem wir die erste Woche oft nur 1-2 Nächte an einem Ort waren, wollten wir in Cornwall einfach einen Ort haben, an dem wir jeden Abend zurückkehren konnten ohne jeden Tag den Koffer packen zu müssen. Auch das Bacchus buchten wir via booking.com - Tommy bat uns ihn beim nächsten Mal aber direkt anzumailen. Für uns wäre es derselbe Preis, für ihn bliebe aber mehr übrig. Inklusive Frühstück bezahlten wir 60 Pfund pro Nacht im Doppelzimmer, die Küche mit Mikrowelle konnten wir mit nutzen und ein Parkplatz stand auch zur Verfügung.

Unser erster Ausflug führte uns nach Polperro. Wir lösten ein Parkticket für 6 Stunden, denn aus irgendwelchen Gründen hatte ich im Kopf, dass wir für die Wandertour nach Looe 90 Minuten brauchen würden. Also Hin und Zurück 3 Stunden, inklusive 3 Stunden Puffer, um sich auszuruhen. Passt. Nun ja, ich hatte da einen Denkfehler. Eine Tour dauerte knapp 3 Stunden. Es ging auf und ab an den Klippen entlang, wieder ein Stück ins Landesinnere, hoch und runter. Anstrengend! Vollkommen fertig kamen wir in Looe an und ließen uns für 1 Pfund zum gegenüberliegenden Ufer schippern, weil ich keine Lust mehr hatte bis zur nächsten Brücke zu laufen.

Polperro
Klippenwanderung Polperro - Looe
Looe
Am Strand von Looe gab es dann erstmal Fish & Chips und anschließend stellten wir fest, dass das im Reiseführer empfohlene Café Larsson's - mit Crêpes und Spezialitäten aus Oberfranken - geschlossen hatte. Nachdem wir uns entschlossen hatten, den Bus zurück zu nehmen, setzten wir uns noch ins "Pasty Presto". An die Cornish Pasties kam ich übrigens während des ganzen Urlaubs nicht wirklich ran, während mein Freund sie liebte. Der Bus kam nicht planmäßig, wohl aber ein anderer. Da alle dorthin liefen, liefen wir mit, bezahlten relativ wenig für die Fahrt und los ging die "Horrorfahrt". Wo auch immer der Fahrer seinen Führerschein gemacht hat, es muss lange her sein. Möglicherweise war er auch angetrunken. Jedenfalls war es sehr turbulent. Nichtsdestotrotz kamen wir an unser Ziel, liefen noch einmal ins nun menschenleere Ortsinnere von Polperro, um den Ebbe-Flut-Vergleich zu haben, und schließlich zurück zu unserem treuen "Schorschi".

Den nächsten Tag wollten wir dann etwas gelassener angehen. 'Bloß nicht wieder wandern!', sagten wir uns. Wir entschieden uns für den Lizard Point - den südlichsten Punkt Cornwalls statt dem bekannteren westlichsten Punkt Land's End - und nahmen uns vor, von dort dann zum nahegelegenden Kynance Cove mit dem Auto zu fahren. Nun ja. Als wir am Lizard Point waren - wo  der National Trust übrigens einen Stützpunkt hat, um unter anderem Robben zu beobachten - dachten wir: Ach lass nur mal um die Ecke gucken und begannen die Küste entlang zu laufen. Immer weiter und weiter. Bis wir schließlich doch am Kynance Cove ankamen. Es war eine so wunderbare Tour, das Wetter passte, die Strecke war mehr eine Spazier- als eine Wanderstrecke und so auch mit leichten Sommerschuhen statt Wanderausrüstung zu bewältigen.

Lizard Point

Lizard Lighthouse
Ausblick zum Lizard Point
Wanderweg vom Lizard Point zum Kynance Cove
Traumhafter Blick zwischen Lizard Point und Kynance Cove
Wir mussten uns schon oft kneifen, um zu realisieren, dass das alles "echt" war. Statt der prophezeiten verregneten Landschaften, erlebten wir hier in Südengland das Paradies: Türkisblaues Meer, unberührte Natur, angenehme Sonne. Einzig das Wasser hätte etwas wärmer sein können - den Engländern machte das nichts aus, sie schwammen munter drauf los während ich es gerade mal mit den Beinen ins Wasser wagte. In dem einzigen Café am Kynance Cove - wo es übrigens auch einen Parkplatz gibt, man hätte also durchaus direkt hinfahren können - gönnten wir uns einen Cornish Cream Tea (Schwarzer Tee mit Scones, Marmelade und Clotted cream) und genoßen die Aussicht ehe wir die knapp 90 Minuten zurück zum Lizard Point liefen.

Kynance Cove
Cream Tea am Kynance Cove
Auf der Rückfahrt machten wir noch kurz in dem alten kleinen Fischerdorf Cadgwith Halt. Aufgrund der Reetdächer hätten wir uns fast in Ostfriesland vermutet. War schon sehr niedlich und für Fischliebhaber würde ich einen Stopp definitiv empfehlen, um sich entweder frisch gefangenen Fisch für zuhause zu holen oder diesen in einem der wenigen Restaurants zu verzehren.

Cadgwith
Cadgwith
St. Ives stand am Mittwoch auf unserem Plan. Windig war's. Der Sonnenhut wurde sicherheitshalber in die Hand genommen und hinter dem Hügel am dritten Strand - dem Porthmeor Beach - war es dann endlich etwas windstiller. Und wunderschön. Mal wieder: türkisblaues Meer. Nichtsdestotrotz liefen wir wieder zum Porthgwidden Beach zurück, um in das gleichnamige Café einzukehren. Ich hatte die weltbeste gegrillte Makrele der Welt - mit Rhabarberaufstrich. Ein Eis von Moormaid & Zennor am Hafen durfte auch nicht fehlen - und wurde mit aller Kraft gegen die aggressiven Möwen verteidigt ("Beware of Seagulls"). Wir beobachteten noch in aller Ruhe wie das Wasser zurück in den Hafen einströmte - wo am Vormittag noch Hundebesitzer Gassi liefen - ehe wir noch ein Stück Richtung dem Godrevy Leuchtturm fuhren. Neben dem Sonnenuntergang waren dort Robben zu bewundern. Windig war es immer noch, aber ein herrlicher Abschluss des Tages.

Blick auf St. Ives
Porthmeor Beach
Makrele im Porthgwidden Beach Café
Hafen von St. Ives

"Beware of Seagulls"
Godrevy Lighthouse
Langsam neigte sich unsere Reise dem Ende zu. Wir waren des Autofahrens müde und statt die ganze einstündige Strecke durch das Landesinnere nach Falmouth zu fahren, entschieden wir uns in Rücksprache mit Tommy nur etwa eine halbe Stunde bis St. Mawes zu fahren und uns von dort mit einem kleinen Boot rüberschippern zu lassen (9 Pfund für das Return Ticket). St. Mawes selbst lohnte sich auch: Zum einen die kleine Burg, zum anderen die weißen Häuser, die an Griechenland erinnerten. Wieder schüttelten wir den Kopf, das wir all das wirklich in Südengland erlebten.

St. Mawes Castle
Blick nach Falmouth
St. Mawes
In Falmouth liefen wir dann die Einkaufsstraße entlang und folgten den Beschilderungen zum Pendennis Castle. Nachdem wir schon ein paar Burgen gesehen hatten, gefiel uns diese am wenigsten. Für jeden, der sich für Krieg, Kanonen und all sowas interessiert, mag es spannend sein. So liefen wir wieder Richtung Hafen und entdeckten ein tolles Bistro, in dem wir das weltbeste Sandwich aßen und uns noch einen Smoothie gönnten: Unbedingt im Elixier vorbeischauen, wenn ihr in Falmouth seid. Insgesamt hätte man in der Stadt sicher noch mehr Zeit verbringen und noch etwas bummeln können. Aber ja, vielleicht kam so langsam ein wenig Urlaubsmüdigkeit auf. Jedenfalls schipperten wir bald wieder zurück, tranken noch einen Cream Tea in St. Mawes und erkundeten anschließend endlich mal unseren Wohnort: Mevagissey ist ein mittelgroßes Fischerdorf, sehr touristisch, aber im September fand ich es insgesamt eigentlich recht angenehm in Cornwall und nicht zu überlaufen. Zumindest weniger von Menschen, als viel mehr von Schwänen, die in Mevagissey die Straße für sich beanspruchten.
Hafen von Mevagissey
Angler am Leuchtturm von Mevagissey
Schwäne machen Mevagissey's Straßen unsicher
Freitag war dann unser letzter richtiger Urlaubstag in Südengland. Tagsüber waren wir etwas planlos und fuhren spontan an einen Ort, der so wenig Eindruck bei mir hinterließ, dass ich mir nicht einmal mehr den Namen gemerkt habe. Wir deckten uns im Tesco noch mit Proviant für die Heimfahrt und in der St. Austell Brauerei mit kornischem Bier ein. Ja und dann war es langsam Zeit für das Cider & Music Festival auf der Healey's Cider Farm nahe Truro. Die Adresse hatte unser Navi mal wieder nicht so direkt gefunden, wir irrten durch die engsten Wege und konnten uns während der Fahrt quasi direkt an den Brombeersträuchern bedienen, die am Weg wuchsen. Auf dem Rückweg kamen wir sehr schnell wieder auf die Bundesstraße, es hätte also einen Autolack-freundlicheren Weg gegegeben. aber gut.

Es war ein sehr kleines Festival mit zwei Zeltbühnen, ein paar Essensständen. Ein wenig wie Folk im Park. Die Musik im kleinen Zelt gefiel uns am besten. Englische Nachwuchskünstler. Songwriter. Tolle Stimmen. Bei einem Coversong stürmte das Publikum, das vorher noch ruhig auf den Strohballen gesessen hatte, plötzlich nach vorn und tanzte wild drauf los. "What I've got" von Sublime muss hier irgendwie ein Riesen-Hit sein und mir gefiel es auch gleich. Unabhängig davon waren viele Einheimische schon vorher sehr, sehr betrunken - was für uns aber auch sehr unterhaltsam war. Mein Freund entdeckte auf dem Festival seine Liebe zu Pulled Pork und mein veganer Brennesselburger war auch super gut. Irgendwann packten wir es aber doch, schließlich stand uns am nächsten Tag noch die lange Fahrt zurück zur Fähre und nach Deutschland bevor.

Am nächsten Morgen warfen wir einen letzten Blick von der Veranda zum Hafen und kamen pünktlich in Mevagissey los. Unser erster Zwischenstopp war dann Southhampton. Mein Freund stürmte ins Stadion, ich suchte mir ein kleines Café in einer Fußgängerzone nahe unserem Auto. Kurz nach Abpfiff ging es dann weiter nach Dover. Wir waren gut in der Zeit und kamen pünktlich am Hafen an. Wie wild freuten wir uns über das leuchtende Burger King Licht, um ernüchternd festzustellen, dass der Tresen geschlossen war. Wie gut, dass wir Proviant dabei hatten. Also noch mal lecker Nudelsalat und Studentenfutter vom Tesco. Auf der Fährüberfahrt dösten wir leider nur ein wenig, danach ging es direkt weiter. Mitten in der Nacht knapp 400 km von Dünkirchen bis Dortmund fahren, war echt nicht ohne. Obwohl ich die meiste Zeit schlief, war ich ziemlich kaputt. An einem Tag von Cornwall nach Deutschland durchzufahren würde ich deshalb nicht empfehlen, sondern besser nach der Hälfte noch einen Zwischenstopp mit Übernachtung einplanen.

Wir verbrachten wirklich einen wundervollen Urlaub. Es lässt sich kaum in Worte fassen, aber die Bilder sollten für sich sprechen. Südengland wird definitiv unterschätzt - wir hatten aber auch einfach Glück mit dem Wetter. Wenn wir das nächste Mal kommen, haben wir uns auf jeden Fall noch zahlreiche Ausflugstipps aufgehoben - z. B. das Minack Theatre, eine Radtour entlang des Camel Trails, die Schlecht-Wetter-Alternative Eden Project und einfach mal durch englische Orte bummeln, lesen und vielleicht jeden Abend ein paar Notizen für den Blog schreiben, um nicht wieder ein ganzes Jahr einen Reisebericht vor mir herzuschieben.

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