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2015/08/23

William Fitzsimmons - Desi Nürnberg (22.08.2015)

Eigentlich darf ich es mir nicht erlauben diesen Konzertbericht zu verfassen. Schließlich habe ich keinen Eintritt gezahlt. Doch ich hoffe, die Gründe dafür sind nachvollziehbar und werden nicht als blöde Ausrede gewertet. Auf das Konzert wurde ich bei Folk im Park aufmerksam als mein Blick auf das Plakat an der Tageskasse fiel. Open Air - William Fitzsimmons - ein Samstag. "Da muss ich hin", schoss es mir durch den Kopf. Doch wie schon bei Folk im Park wollten wir mit Baby lieber nicht zu viel im Voraus planen und so hoffte ich einfach jeden Tag, dass es nicht ausverkauft sein würde.

Es ist mir rätselhaft, warum es nicht vorab ausverkauft war. Eines von wenigen Solo-Auftritten dieses Jahr in Deutschland. Auf einer kleinen Freilichtbühne einer Nürnberger Stadtteilkneipe. Aber als wir eine halbe Stunde vor Beginn ankamen, war die Abendkasse tatsächlich noch geöffnet. Jedoch mit dem Hinweis, dass es Stehplätze seien und man sich doch bitte nicht hinsetzen solle. Puh. Wir hatten gerade viereinhalb Kilometer durch den Wiesengrund hinter uns und waren auf Sitzkonzert eingestellt. Und ja, da war noch unser Sohn, der uns weiterhin zögern ließ. Was ist, wenn er einen Schreianfall bekommt? Die bösen Blicke der Zuhörer wären uns sicher gewesen und wir hätten das Konzert wohl auch kaum noch genießen können.

Also holten wir uns erstmal Schorle und Bier aus der Kneipe, ließen uns auf den Palettensofas im Biergarten nieder und warteten ab. Pünktlich um 20 Uhr erklang dann Musik von nebenan, klar und deutlich. Angenehme Akustik, berührende Stimme. Die Erzählungen zwischen den Songs bekamen wir nicht mit, aber am Lachen des Publikums merkten wir, dass es wohl sehr unterhaltsam war. Unser Sohn bediente sich an der Milchbar, nörgelte immer mal wieder rum - sodass wir froh waren nicht inmitten des musikbegeisterten Publikums zu sein - und schlief schließlich friedlich ein.

Kurz nach halb zehn bemerkte ich, dass immer mehr neue Leute zur Desi hochkamen. "Hier ist wohl gleich noch Party", fragte ich mich und drehte mich zum Einlass um: Keine Absperrung mehr! Nichts wie rein, "nur mal gucken". Und so erlebten wir William Fitzsimmons, wie er - inmitten des Publikums - seine letzten drei Lieder unplugged spielte und sich über die typische Ausrede "I have to catch my train" amüsierte. Herrlich, sympathisch. Ein wenig Wehmut kam auf als ich den Blick auf die Bühne sah. Das wäre schon echt nett gewesen, zumal die meisten womöglich doch saßen.

Nichtsdestotrotz haben wir unserem Sohn zuliebe die richtige Entscheidung getroffen. Er hätte bei dem lauten Applaus alle paar Minuten einfach nicht zur Ruhe gefunden. So konnten wir einen entspannten Sommerabend in Dreisamkeit mit erstklassiger Live-Musik genießen. Mal was anderes als Zuhause auf dem Sofa. Meinen lieben Freunden, die in vier Wochen auf dem Reeperbahnfestival unterwegs sind, möchte ich Fitzsimmons' Konzert im Michel sehr ans Herz legen. Besondere Kulisse, atemberaubende Akustik, dazu diese Stimme. Das dürfte mindestens so einzigartig werden wie das Konzert von Joshua Radin, das ich 2013 in der Union Chapel London erlebte. Hingehen!

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